ISKANDER

Die Historie

Phase 0 (Vorgeschichte) 1973-1974

Drei Schüler aus der nordhessischen Provinz wollen Musik machen. Peter Tassius (Klavier), Gabi Stolz (Orgel) und Klaus Jürgen Knüppel (Gitarre) beschließen, ihr eigenes Ding zu machen. Es gibt nur zwei Tabus: Musik von anderen nachspielen... und... Gesang. Ein Schlagzeuger nimmt kurz vor dem ersten Auftritt Reißaus und meldet sich nie wieder, ein Bassist beschließt, da hier anscheinend jeder gegen jeden spielt, dass er lieber Tanzmusik machen möchte. Aber das wird anders in

Phase 1   1974-1976

Der Drummer Hajo Kann kommt hinzu und bleibt. Er bringt den Bandnamen ISKANDER ein. Die musikalische Struktur wird langsam deutlich; die Musikrichtung wird genannt: „Freier Klassik –Rock". Gaby spielt jetzt auch Querflöte, Peter erweitert sein Instrumentarium durch ein Fender Rhodes E-Piano, Klaus entwickelt sich mit Bass und ARP-Synthesizer zum Multiinstrumentalisten.

ISKANDER leistet sich nun noch zwei weitere Mitglieder: Michael Valentin, der die Soundtechnik übernimmt und Michael Küch für das Management. In dieser Phase gibt es endlich eine erste Reihe Live Konzerte.

Zu der Zeit beginnt das Elend der seltenen Treffen: Klaus und Gabi in Köln, Peter in Göttingen, Michael Küch in Marburg, Michael Valentin in Berlin, Hajo beim Bund. Die räumliche Trennung wird sich im Prinzip nie mehr ändern, ist wohl aber auch das Geheimnis der langen Zusammengehörigkeit.

Phase 2   1977-1978

Direkt zum Jahresbeginn 1977 stößt der Dortmunder Ulrich Mennenöh, der in Marburg studiert, zum Quartett hinzu. Eigentlich gelernter Pianist, war er in diversen Bands als Bassist und an der Akustik – Gitarre tätig. Er übernimmt bei ISKANDER den Bass und bedient in Ausnahmefällen auch Tasten oder Gitarre. Die Musik ist jetzt geprägt durch lange Improvisationen aller Instrumente, sowie komplex komponierter Rhythmen, Harmonien und Melodien.

Anfang 1978 erklärt Peter Tassius seinen Austritt zum Sommer des Jahres, tourt bis dahin aber noch intensiv mit der Band durch Deutschland.

Phase 3   1978-1981

Klaus bringt im April 1978 aus Köln den Gitarristen Michael Pichmann zu einem Konzertwochenende mit. Er hält das Gefälle seines Spielniveaus zu dem der Band für groß, sein Sound gefällt aber der Band und er ist dabei. Im Frühsommer 1978 spielt er zum ersten mal bei einem Konzert in Hessen mit.

Nach kurzer Eingewöhnung wirkt Michael stark stilbildend durch viele Kompositionen, Ideen und seine charakteristische Spielweise. Dennoch wird die Musik nicht gitarrenlastig, da Klaus und Ulrich neben Gabi auch öfters an den Tasten zu finden sind, Ulrich mehr bei den spieltechnisch konventionellen Teilen, Klaus bei den solistisch – virtuosen. Zum ersten mal wird gesungen (bei „Painter", „Wo ist die Welt" und „Time to Forget"). Die Musikrichtung wird neu definiert: „Jazz, Rock, Klassik, Elektronik" (->"Fusion").

Andre Doutreval, Chef der Ballett Arena Kassel, entdeckt ISKANDER und übt zu einem Live Mitschnitt eines Konzerts von 1979 (das Konzert fand direkt nach Klaus’ und Michaels Geburtstagen statt – die beiden hatten – abgefüllt mit Sekt – viel Ausdauer bei ihren Improvisationspassagen) mit seiner Truppe ein abendfüllendes Jazzdance Programm ein. Auf dieser Basis entstehen mehrere gemeinsame Auftritte, bei denen die Band aber alle Improvisationspassagen exakt genau so lange spielen muss, wie bei dem Live Mitschnitt. Gaby steht dann neben dem Solisten und zählt die Takte (bei „Steinchen Werfen": 128).

Am Ende dieser Phase gibt es zwei Exkurse mit anderen Musikern:

a) Der Folk-Barde Roland Berens bittet die ISKANDERs, sein Album „Menschen"

mit ihm zu arrangieren und aufzunehmen. Dies geschieht im Januar 1981 bei Musik Produktiv in Ibbenbüren. In der Folge gibt es einige gemeinsame Auftritte. b) Ex-Pianist Peter Tassius bittet die Band die Hälfte seiner Platte „Overture" mit ihm zu arrangieren und einzuspielen. Im April 1981 wird wieder in Ibbenbüren aufgenommen.

Manager Michael Küch und Gaby Knüppel verlassen zum Sommer 1981 die Band und...

Phase 4   1981-1984

... Martin Firnis (Gitarre) steigt ein.

Der Klang wird viel rockiger, die Musik wird aber eher noch komplexer. Klaus kommt nur noch selten an die Gitarre, und wenn Ulrich an den Tasten sitzt, wird der Bass zumeist auch dort erzeugt.

Andre Doutreval bittet die Band für sein Projekt „Boheme 2000" Musik und Libretto zu erstellen und aufzunehmen. Einzige Vorgabe: „Mimi" stirbt nicht an Tuberkulose, sondern an Heroin. Nach den kompositorischen Ideen von Klaus erschafft die Band dann die 80 Minuten Musik für Boheme 2000, aufgenommen im Frühjahr 1982 im Tonstudio von Rüdiger Ebel (VDT) in Kassel. Daraus wird eine LP extrahiert (Boheme 2000) und eine Kassette mit dem kompletten Programm. Der Sound ist zeitlos jazzig trocken.

Martin brilliert mit einem nur von ihm reproduzierbaren Gitarrensolo in dem Stück „Eltneg Tnaig" (a tribute to... you know.).

Die Gesamtausgabe (vorerst nur als Kassette) beinhaltet auch das Stück „Ocsid Gnicnad". Hier ist zum ersten Mal in der Tonträgergeschichte scratching zu hören (... und wir haben vergessen, uns das urheberrechtlich schützen zu lassen!).

In diesem Jahr ersetzt Jürgen Pfeil als Techniker und Soundmischer Michael Valentin. Michael bleibt noch eine kurze Zeit als Lichttechniker für die Live Auftritte. Die Aufführungen von Boheme 2000 als Jazz Dance Ballett zur Musik von ISKANDER (Konserve) sind ein voller Erfolg und rufen nach einem Folgeprojekt.

Nach drei Jahren trennt sich die Band im Frühjahr 1984 von Martin Firnis.

Phase 5   1984-1988

Nachdem ISKANDER 3 Monate als Quartett spielt, steigt Sänger Bernd Weißbach aus Witten ein, der live an den Tasten und bei „Losing A Day" an der Gitarre aushilft. Viele der Boheme-Stücke erhalten eine neue Gestalt (und auch neue Namen), sie werden straffer, songartiger. Die Band hat inzwischen aufgegeben, eine Richtungsbezeichnung für die Musik zu finden – auf den Plakaten steht nunmehr „The Future Of Rock".

Da jetzt ein Sänger dabei ist, werden gute Texte benötigt. Die poetischen Texte mit philosophischen oder politischem Tiefgang von Hajo werden genutzt. Seit dieser Zeit sind 90 % der entstehenden Texte von ihm. Nebenher wird eine neue Aufnahme – wieder mit Hintergrund einer Musik – Grundlage für die Ballett-Arena vorbereitet. Klaus bereitet aus altem Material ein 70-minütiges Werk vor, das dann von der Band gemeinsam gestaltet und aufgenommen wird – wieder im Tonstudio Ebel, Kassel. „Mental Touch" (s. Diskographie) wird von manchen Experten in Progrock - Kreisen als ein Meisterwerk bezeichnet. Klanglich unterscheidet sich die Aufnahme sehr von Boheme 2000, ist nicht so trocken jazzig, sondern wuchtig voll, im Gegensatz zum Live Set aber insgesamt langsamer und ruhiger.

„Mental Touch" erscheint 1987 in Auszügen als LP und komplett als CD. Außer „Fearless" kommen die Stücke nicht im aktuellen Live-Set vor.

Aufgrund der hohen Nachfrage wird eine Neuauflage von Boheme 2000 erforderlich, die jetzt nur noch unter dem Namen „Boheme" als LP und fast komplett als CD erscheint.

1988 verlässt Bernd Weißbach die Band.

Phase 6   1989 - - - -

Das Quartett veröffentlicht zum Jahreswechsel 1989/90 die LP / CD „Another Life", die dem Live Programm in Auswahl und Klang entspricht (s. Diskographie). Auch sie wurde im Tonstudio Ebel in Kassel aufgenommen. Klaus und Michael übernehmen den Gesang, Hajo und Ulrich singen im Chor mit. Bernd (Vox. auf „Signs Of Love") und Gabi (Flöte auf California) sind als Gäste dabei. Kürzere Stücke, mehr Songstruktur, druckvoller, aber weiterhin charakteristisch ISKANDER.

1990 stößt Rainer Weber (Wiesbaden) zu den Vieren und ist seitdem der erste 5. Musiker, der länger als 4 Jahre durchhält. Er spielt Tasteninstrumente und anfangs auch Perkussion, entpuppt sich aber nach und nach als Sänger der neu entstehenden Stücke.

Anfang der 90er Jahre gibt es noch einzelne Auftritte mit dem "Another Life" –Programm. Jürgen Pfeil verlässt 1998 die Band.

In dieser Phase entsteht eine weitere Platte mit ISKANDER als Begleitband: Roland Berens’ "Wilde Zeiten". Sie wird weitestgehend von Ulrich vorproduziert. In den folgenden 1 ½ Jahren gibt es eine ganze Reihe von Live Gigs mit Rolands Musik und viel Spaß dabei, sowie des öfteren einen Exkurs in die Pop-Musik (Songs aus 3 Jahrzehnten nachgespielt, nur was uns gefällt und nur privat und nur für fast lau – ein Fass Schwarzbier).

Die Musiker leben immer noch räumlich weit voneinander entfernt: Klaus in Waldeck (Nordhessen), Michael in Pulheim (bei Köln), Hajo in der Nähe von Frankfurt/M., Ulrich in Herne (Ruhrpott), Rainer (heißt jetzt Manthey) in Taunusstein (Rhein-Main).

Die aktuelle ISKANDER Musik ist im Entstehen – aber – lasst uns Zeit.

Denn: wir tauchen nach einer besonderen Perle und lassen die vielen Schwämme auf dem Meeresgrund.